Eines Tages kam die betagte Ente erschöpft aber bitterlich jammernd zur Eule und fragte um Rat.
„Eule, ich kann nicht mehr! Ich bin der Arbeit ach so satt. Weißt du Rat?“
„Ente, was beschwerst du dich über deine Arbeit? Jedes Geschöpf hat im Leben seinen Beitrag zu leisten. Deiner ist, im Teich zu schwimmen und dich um die Nachkommen zu kümmern.“
Die Ente blickte verwundert und setzte sich nieder.
„Wenn es das nur wäre, wäre es gut und ich würde nicht klagen. Aber ich habe noch so viele weiter Arbeiten, die du nicht aufgezählt hast. “
Nun war es an der Eule verwundert zu blicken. Erst sagte sie nichts. Sie schaute die Ente lediglich an. Doch bald schon richtete sie eine Frage an die Ente.
„Ente, du siehst elend aus. Sag, was tust du denn noch alles?“
„Vor einiger Zeit kam das Schwein zu mir und bat mich, ihm einmal im Haushalt mit den Kindern zu helfen. Es klappte gut und zum Abschied schlug das Schwein vor, das wir uns regelmäßig treffen könnten. Seither machen wir das so.“
Die Eule blickte ernst, sagte aber nichts. Die Ente stockte kurz und erklärte weiter, was sie alles zu tun habe.
„Etwas später kam die Kuh und bat mich, ihr den Rücken zu säubern. Weil sie ja tagsüber mit den anderen auf der Weide herumtollt und abends sauber sein will, machen wir das seither so.“
Der Blick der Eule verfinsterte sich, sie sagte aber nichts. Die Ente erklärte unbeirrt weiter, was sie noch alles zu tun habe.
„Bald schon kam das Schaf und bat mich, ihm beim Umzug in den neuen Stall zu helfen. Da war ich fleißig und es klappte gut. Zum Abschied schlug das Schaf vor, das ich ihm gerne regelmäßig bei Bauarbeiten am neuen Stall helfen könnte. Seither machen wird das so.“
Die Eule schüttelte den Kopf und blickte sehr finster, sie sagte aber nichts. Die Ente erklärte weiter, was ihr außerdem wiederfahren war.
„Zuletzt kam der Fuchs und lud mich zum nächsten Bankett bei ihm ein. Er sprach davon, dass seine Söhne aus der Ferne kommen und er ein großes Festmahl ausrichten wollte, bei dem er meine Hilfe bräuchte und an dem ich sehr gerne teilnehmen müsste.“
Jetzt erhob die Eule die Stimme und belehrte die Ente.
„Ente höre! Du opferst dich für jeden auf und kommst mit deiner Arbeit nicht zurecht. Das hat scheinbar der Letzte schon kapiert, dass du für alles zu haben bist. Sag auch mal nein und sperre dich, sonst landest du am Ende im Kochtopf zum Vergnügen der Familie Reineke.“
♦ Wo steht die Pflicht geschrieben, sich aufzuopfern bis zuletzt? Die Kunst ist, ohne Reue hin und wieder auf ein Opfer zu verzichten. ♦
Eine Fabel von Dr. Ingo Hoffmann, Wuppertal im März 2015.