Lange hatte die Eule den Hund nicht mehr gesehen und so beschloss sie, ihm einen Besuch abzustatten.
Betrübt saß er am Tisch, mit hängenden Augenlidern und schlappen Ohren und jammerte.
„Liebe Eule, einen schlimmen Tag hast du für deinen Besuch gewählt. Ich habe versucht die Scherben meiner Ehe zu kleben, mich wohl zu verhalten, ihr angenehm und treu zu sein und trotzdem ist meine Holde fort.“
Die Eule blickte nachdenklich auf das am Tisch kauernde Häufchen Elend. Ihr schwante, da stimmt etwas nicht.
„Wie kann das sein? Wenn du aufrichtig bereutest und dich entschuldigtest sollte deine Weggefährtin dir verzeihen. Warst du auch gewiss ehrlich?“
Nachdenklich geworden blickte der Hund starr in eine Ecke.
„Naja, ich habe es ehrlich versucht.“
Die Eule schlitzte die Augen, sie hatte verstanden.
„Sagen wir mal so, du hast versucht ehrlich zu sein.“
„Es war doch eher so, dass ich ehrlich versucht habe treu zu sein.“
„Lass die Wortspielerei, du hast versucht ehrlich und treu zu sein. Es ist dir aber nicht gelungen und das ist dein Problem.“
Der Hund meinte es noch einmal drehen zu müssen und setzte zur Erklärung an, doch die Eule erhob mahnend den Zeigefinger und sie sah sich genötigt, ihm aus dem Buch der Leviten vorzulesen:
Einst kommt unweigerlich die Frist
und sei da nicht erblindet,
da musst du zeigen wer du bist.
Drum prüfe, bevor du dich ewig bindest,
ob du nicht auf der Suche bist,
damit du etwas Besseres findest.
♦ Wer immer auf den schnellsten Zug aufspringt, kann auch einmal daneben springen. ♦
Eine Fabel von Dr. Ingo Hoffmann, Wuppertal im Februar 2018.